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Ist das Tells Gehölz?

Zufall der Natur oder das Werk (un)heimlicher Patrioten? Seit Tagen kursiert eine Luftaufnahme aus der Gegend um Schöftland und Oberkulm (Kt. Aargau) in sozialen Netzwerken und Blogs, auf welchem die Gesichtszüge Wilhelm Tells zu erkennen sind.


Erstmals aufgetaucht ist das Bild auf einem mysteriösen Twitter-Account «@Willy_1291», welcher jedoch bereits vor einigen Tagen wieder gelöscht wurde. Seltsam ist, dass die Satellitenkarten von Google Maps nicht dieselben Umrisse zeigen. In einschlägigen Foren geben aber verschiedene Linien- wie auch Hobbypiloten an, selbst die Umrisse Tells gesehen und überflogen zu haben.


Erklären liesse sich diese Ungereimtheit damit, dass das Bildmaterial von Google von dieser Gegend nicht auf dem aktuellsten Stand ist. Eine Sprecherin des Internet-Giganten konnte das aber auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren.


Eine gezielte Aktion?

Für viele User steht deshalb fest, dass dahinter eine unbekannte Gruppe von Patrioten steckt, die das berühmte Antlitz des Altdorfer Tell-Denkmals in die Aargauer Wälder gepflanzt bzw. gefällt hat, gewissermassen als nachhaltigere Variante zu den mysteriösen Kornkreisen. Erst kürzlich berichtete «Spiegel Online» über deutsche Baumformationen in Hakenkreuz-Form: Eifrige Nationalsozialisten hatten sie in der Dreissiger Jahren in den Wäldern angelegt; sichtbar wurden sie nur im Herbst, wenn sie aufgrund der Baumarten früher oder später ihre Blätter verloren als die umliegenden Bäume.


Skeptiker halten die ganze Diskussion allerdings für einen Marketing-Gag der umliegenden Gemeinden, was wiederum von den örtlichen Behörden dementiert wird.


Rütli 2.0

Eine wachsende Zahl von Internetnutzern ist überzeugt, dass der «Aargauer Tell» eine natürlich entstandene mystische Formation ist und ein Hinweis darauf sein könnte, dass hier die wahre Wiege der Schweiz versteckt ist. Demnach sollen Lokalhistoriker darauf verwiesen haben, dass in unmittelbarer Nähe auch einige interessante alte Flurnamen wie «Huotstanger Hof», «Hohlgassen» oder «Schwurberg» zu finden sind.


Der ganze Hype verleiht einem uralten Gerücht Auftrieb, wonach der Obwaldner Landschreiber Hans Schriber, welcher die Tell-Legende erstmals um 1470 im «Weissen Buch von Sarnen» erwähnt, die Geschichte aus Prestigegründen den Aargauern geklaut und in die Innerschweiz verlegt hat. Plausibel wäre das auch deshalb, weil Hans Schriber Geschichtskundigen nicht nur als Verfasser des «Weissen Buches von Sarnen» bekannt ist, sondern auch als Autor der Schmähschrift «Wysse Soccen im Aargouw». Das Machwerk gilt allerdings seit der Auseinandersetzung um die so genannte «Hallwiler Fischsuppe» anno 1531 als verschollen.


Werden wir bald unsere Geschichte umschreiben müssen? Dutzende von Internet-Usern und Foristen sind jedenfalls derzeit daran, Googles Satellitenbilder nach weiteren interessanten Formationen abzusuchen. Plagiatjägerei war gestern - der neue Trend heisst «Geo-Scheming».

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