Tor des Monats: Papst Franziskus
Aktualisiert: 27. Juli 2020
Darf man das überhaupt, einen Papst in dieser Rubrik aufnehmen? Oder muss man es sogar, nach dem, was passiert ist? Nämlich nichts. Wieder einmal nichts.
Wer von euch ohne Zweifel am Pontifikat des gebürtigen Argentiniers Jorge Mario Bergoglio ist, der werfe den ersten Leserbrief ein. Papst Franziskus: Das ist in der jüngeren Zeitgeschichte nach Barack Obama der Mann, der mit den meisten Vorschusslorbeeren in sein Amt kam. Oder muss man in diesem Fall besser von der Vorschussdornenkrone sprechen?
Kürzlich hat Franziskus die jüngst erblühten Hoffnungen auf eine zaghafte Lockerung des Zölibats und eine mögliche Priesterweihe für Frauen wieder zunichtegemacht. Nach seinem siebten Jahr auf dem Heiligen Stuhl ist klar: Ein Reformpapst wird das nicht mehr. Otto Waalkes würde wohl kalauern: «Was Vatikan, kann Mutti weiterhin vergessen.»
Aber Vatikan offensichtlich auch selbst einiges nicht – zum Beispiel über den eigenen Schatten springen. Im Management-Jargon gesprochen hat die Human-Resources-Abteilung der katholischen Kirche zwar ein akutes Recruiting-Problem, ist aber dennoch nicht bereit, ihre Corporate Identity zu überarbeiten. Der Verwaltungsrat scheint weiterhin mehrheitlich der Ansicht zu sein, priesterliche Ehelosigkeit sei ein zentrales Alleinstellungsmerkmal. Doch dieser USP, Unique Selling Point, verkauft sich nicht mehr.
Nur bewegen wir uns mit diesem Unternehmenssprech wieder auf einer Vergleichsebene, die nicht statthaft ist. Hier schielt schliesslich kein internationaler Multi nervös auf Quartalszahlen. Da mögen die eingefahrenen Mitglieder-Verluste noch so hoch sein, eine zweitausendjährige Institution rechnet eben anders. Der Zölibat wurde schliesslich auch erst anno 1073 für alle Priester verpflichtend eingeführt, warum sollte man so was jetzt schon wieder überstürzt abschaffen?
Müssten wir uns nicht vielmehr fragen, warum nicht auch bei anderen Schlüsselpositionen in Politik und Gesellschaft dank dem Gebot der Ehelosigkeit sichergestellt wird, dass sich eine Führungsperson voll und ganz auf ihr Amt konzentriert, für das sie ja oft das Vielfache eines Büezerlohnes bezieht? Ein alleinstehender Andreas Meyer hätte in den vergangenen Monaten gewiss die Zeit gefunden, die Pannen in den SBB-Dosto-Doppelstockzügen eigenhändig selbst zu beheben. Ein unverheirateter Prinz Harry wäre heute noch Liebling von Queen Elizabeth. Ein kinderloser Donald Trump hätte das Weisse Haus nicht in ein korruptes Familienunternehmen umgebaut.
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